Last minute documenta 14. Noch schnell nach Kassel.

Lange ist nicht mehr Zeit, die Documenta 14 in Kassel zu besuchen. Die Kunstmagazine, die sich mit der aktuellen Weltkunstausstellung beschäftigen, sind bereits massiv im Preis reduziert. http://shop.art-magazin.de/kennenlern-angebot-art-zum-halben-preis-1.html

Noch knapp zehn Tage, dann wird der Parthenon der (verbotenen) Bücher abgebaut, die Stadt wieder in der nodrhessischen Provinz dahindösen, vielleicht aufgeschreckt durch Schlagzeilen von Vorkommnissen in Internetcafés oder der miserablen Auslastung des Flughafens Calden. Und Achtung: immer im Bewusstsein: der festinstallierte Blitzer auf der Autobahn am Kasseler Berg.
Und man kommt günstig hin: die Deutsche Bahn bietet gerade Tickets für die einfache Fahrt ab Frankfurt für 9 Euro an.

Ich war bereits im Juni dort, meine Highlights: Documenta-Halle, dann über den Friedrichsplatz zu einem Belegten Brot ins Presse- und Informationszentrum -kurz auf der Dachterrasse entspannen, dann nebenan zu Leder-Meid auf eine Zeitreise in die Fünfziger Jahre zurück. In ein leeres Appartement im 3.Stock, an den Wänden großformatigen Bilder des griechischen Malers Apostolos Georgiou und aus dem Fenster ungehinderter Blick über den Platz auf den Weißen Rauch, Kassel grüßt Athen, oder grüßt Athen Kassel. Danach quer durch die Innenstadt, und sich am Ende in die Neue Neue Galerie (Neue Hauptpost) durchfragen und hinter einer typischen 70er Jahre Brutalbetonfassade im ehemaligen Briefverteilzentrum, einem fantastischen Ausstellungsraum, aktuelle Kunst um Flucht und Vertreibung herum erleben. Am Ende lege man sich erschöpft auf den rosafarbenen Flor im dritten Stock.

Treppenhaus im Presse- und Informationszentrum.

Kacheln im Appartement des Leder Meid Haus. Die Fiftys lassen grüßen.

Máret Ánne Sara.

Die Geschichte der Samen. 20m lang, 4 Jahre Handarbeit. Máret Ánne Sara.

  

Dass es Konsalik auf die Documenta gebracht hat. Parthenon der (verbotenen) Bücher.

Das Pantheon der Bücher, war bei meinem Besuch noch auf teilweise leeren Säulen gestanden.

Mit Flüchtlingen und verfolgten Völkern hatte ich bis dato kein nordeuropäisches Volk in Verbindung gebracht. Bis ich vor dem zwanzig Meter langen, in vier Jahrer langer Arbeit von Hand bestickten Tuch von Máret Ánne Sara stand, das die Geschichte und Mythologie der Samen zeigt. Die norwegische Künstlerin thematisiert  in ihren Werken das Schicksal der Samen , eines der letzten nomadischen nordeuropäischen Völker, das von der Rentierzucht lebt. Beeindruckend der Vorhang aus Rentierschädeln, die alle von ihr selbst gesäubert wurden. Welch wunderschöne Werke aus der Tragödie dieses Volkes entstanden sind.

Wie wunderschön die vor der Küste Italiens gestrandeten, gebrochen und zerschundenen zu multifunktionalem Musikinstrument umgebauten Flüchtlingsboote klingen mögen, wenn sie in der Documentahalle bespielt werden dürften. Ich habe empörte Besucher erlebt, die das als Überschreiten der Grenze von Kunst erlebt haben.

Darf Kunst alles? Muss Kunst Alles?  Was ist das überhaupt, Geschmack? Darf das Zeigen von Verfolgung, Flucht und Elend, Unterwerfung, Zerstören und Tod an sich <<schön>> sein?